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Test - The Whispered World : Angriff auf den Adventure-Thron

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Die Hintergründe sind jedoch nicht nur wunderschön, sondern bestechen auch durch eine realistische Tiefenwirkung. Erreicht wird dies durch das sogenannte Parallax-Scrolling, bei dem mehrere hintereinander liegende Ebenen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit gescrollt werden. Diese Technik ist nicht neu, wird aber in The Whispered World besonders effektiv eingesetzt. Zu Beginn des dritten Kapitels haben die Macher sogar ein optisch leicht verwirrendes Rätsel daraus gestrickt.

2D bedeutet aber auch, dass die Figuren „flach" sind. Das hat den Vorteil, dass sie sich viel besser in die Hintergründe einfügen als 3D-Figuren, erfordert aber natürlich auch wesentlich mehr Arbeit bei den Animationen. Hier haben die Zeichner großartige Arbeit geleistet. Natürlich ist vor allem Sadwick als Hauptcharakter mit reichlich Mimik und Gestik ausgestattet. Die anderen Figuren werden da schon etwas stiefmütterlich behandelt, was sich aber im Endeffekt positiv auf die Atmosphäre des Spiels auswirkt, weil so grafisch etwas mehr Ruhe ins Spiel kommt. Auch die Animationen in den Hintergrundgrafiken, wie übrigens auch die Soundeffekte, sind eher akzentuiert eingesetzt. Nicht ganz so schön sind die Zwischensequenzen, die leider mehr nach Comic-Grafik als nach Kunst aussehen.

Dafür kann die Vertonung auf ganzer Linie punkten. Scheint der Sprecher von Sadwick in den ersten Minuten auch etwas gewöhnungsbedürftig, zeigt sich doch schnell, dass hier eine gute Wahl getroffen wurde. Die Stimme von Gunnar Frietsch trägt viel zur Glaubwürdigkeit und zum Charakter Sadwicks bei. Auch den anderen, meist unbekannten Sprechern scheint die Arbeit an The Whispered World viel Spaß gemacht zu haben, was sich in der Qualität der Synchronisierung niederschlägt. Ebenfalls besonders stimmungsvoll ist der klavierbetonte Soundtrack, der, nicht überinstrumentiert, immer die richtigen Akzente setzt. Leider wurden nicht allzu viele Stücke für das Spiel geschrieben - schade.

Dass sich das Spiel auf eine Auflösung von 1024x768 Pixeln beschränkt, stört seltsamerweise nicht. Selbst auf einem Breitbildmonitor wirkt hier nichts gestreckt. Das liegt natürlich auch daran, dass die meisten Hintergründe sowieso größer sind und gescrollt werden. Leider hat das auch einen kleinen Haken: Sadwick bewegt sich recht langsam und bei einem scrollenden Hintergrund könnt ihr leider nicht die sonst fixe Variante, per Doppelklick die Szene zu verlassen, anwenden.

Hirn ohne Hilfe

Ansonsten geht die Bedienung aber gut von der Hand. Das Inventar erreicht ihr per Rechtsklick. Das Spot-Menü scrollt am oberen rechten Bildrand auf. Alle weiteren Aktionen führt ihr mit der linken Maustaste aus, sei es nun das Bewegen oder das Aufrufen des Aktionsmenüs. Letzteres ist etwas ungewöhnlich, da ihr die Maustaste über einem Objekt etwas länger gedrückt halten müsst, bis das Menü aufklappt. Zur Verfügung stehen euch drei Icons, die aber je nach Objekt unterschiedliche Aktionen auslösen. So ist der Mund nicht nur zum Sprechen da, sondern zum Beispiel auch zum Auspusten von Kerzen. Mal eine nette Abwechslung. Als Hilfsfunktion steht euch übrigens nur eine Hotspot-Anzeige per Leertaste zur Verfügung.

Gerade das scheint manchmal ein bisschen wenig, da es die Rätsel häufig in sich haben. Zwar sind alle Rätsel logisch und lösbar, erfordern aber häufig ein Denken auf vielen, vielen Umwegen. Das ist sicherlich nichts Schlechtes, doch Anfänger könnten hier schnell an ihre Grenzen geraten. Ein klein wenig mehr Hilfe wäre durchaus angebracht gewesen. Zudem müsst ihr auch sehr gut zuhören können beziehungsweise euch einiges mehrfach anhören, damit es Klick macht. Vor allem im - sehr guten - Planetenrätsel am Schluss solltet ihr euch Schreibzeug bereitlegen, um die verschachtelten Hinweise mitzubekommen.

Ansonsten ist an den Rätseln kaum etwas auszusetzen. Die Rätseldichte ist beträchtlich und für Abwechslung ist auch gesorgt. Zwar sind die meisten Aufgaben Kombinationsrätsel, die aber häufig so verschachtelt oder um die Ecke angelegt sind, dass so schnell keine Langeweile aufkommt. Aber es gibt auch klassische Schiebe- und Schalterrätsel, die im Großen und Ganzen auch recht gut in die Geschichte eingebunden sind. Dialog- und Logikrätsel sind ebenfalls mit von der Partie. Besonders erfrischend sind allerdings immer wieder die Aufgaben, die ihr mit Spot lösen müsst. Ein Rätsel soll aber besonders erwähnt werden: Als Kopierschutz liegen dem Spiel drei Runenwürfel bei, mit denen - leider - bei jedem Programmstart eine bestimmte Kombination abgefragt wird. Das ist zwar originell und klassisch (man denke an Monkey Island), aber auf Dauer ein wenig nervig.

Fazit

Stephan Fassmer - Portraitvon Stephan Fassmer
The Whispered World ist genau das geworden, was sich der Adventure-Fan schon immer gewünscht hat: ein Spiel mit einer eindringlichen, gut erzählten Geschichte und einem sympathischen, glaubwürdigen Hauptcharakter. Gespickt mit Humor, der nie ins Banale oder Platte abgleitet und die Tragik der Geschichte ein wenig abmildert. Dazu eine Grafik, die gerade wegen ihrer unkonventionellen Technik atemberaubend schön ist. Dass die Rätsel zum Teil recht schwer sind, wird durch deren Qualität und Abwechslung wieder wettgemacht, wenn auch etwas mehr Hilfe, gerade für Anfänger, durchaus wünschenswert gewesen wäre. The Whispered World ist vielleicht nicht das beste Adventure aller Zeiten geworden, hat sich aber einen Platz unter den ganz Großen des Genres redlich verdient.

Überblick

Pro

  • wunderschöne, tragikomische Geschichte
  • glaubwürdiger, sympathischer Hauptcharakter
  • witziger, intelligent eingesetzter Sidekick
  • atemberaubende 2D-Grafik
  • hohe Rätseldichte
  • abwechslungsreiche Rätsel
  • erstklassige Sprecher
  • stimmungsvoller Soundtrack

Contra

  • wenig Hilfe bei schweren Rätseln
  • Zwischensequenzen nicht auf dem Niveau der In-Game-Grafik

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